Seevölkerodyssee

Eine ganz kurze Einführung in die Kernthese

König Minos auf Kreta gilt zwar in den Sagen als grausamer Herrscher, der alle neun Jahre sieben Jünglinge und sieben Jungfrauen der Festlandgriechen zum Fraß verlangte. Doch das war womöglich nur in Mythologie gekleidete Kriegspropaganda der „mykenischen“ Griechen, die sich ab ca. 1450 v.u.Z. zur Eroberung der minoischen Insel Kreta und ihres ägäischen Einflussbereiches anschickten. Denn die eher matriarchalisch orientierten Minoer (Schlangengöttin!) gaben sich als friedliches hochkulturelles Handelsvolk, wie es vor allem die vom Vulkanausbruch von 1600 v.u.Z. auf Thera konservierten Wandmalereien eindrucksvoll zeigen (vgl. dazu die Beiträge auf dieser Website, ausgehend von: Santorin, das antike Thera). Die hingegen kriegerischen Mykener haben nach ihrem Sieg über die Minoer zwar viel aus deren Kultur übernommen, ihre Kriege aber über Kreta hinaus weitergetragen – in die Ägäis, nach Kleinasien und bis vor Ägypten.

Auch auf diese Unternehmungen vor, während und nach dem berühmten Troianischen Krieg halten die Homerischen Epen Hinweise bereit, wenngleich diese Nebengeschichten nicht im Zentrum der breiten Wahrnehmung stehen. Ja diese Berichte (vor allem in Homers Odyssee) wurden sogar ganz widersinnig als „Lügengeschichten“ stigmatisiert und so von einer ernsthaften Befassung ausgerechnet durch die historische Wissenschaft ausgeschlossen. Dabei liefern gerade diese Begleitgeschichten zur Irrfahrt des Odysseus und zu den Schlachten vor Troia wichtige Hinweise auf die spätbronzezeitlichen Geschehnisse im östlichen Mittelmeerraum.

Die Kernthese, die bei meinen Untersuchungen zu den „Seevölkern“ und auf meinen mediterranen Reisen in deren Wirkungsräume entstand und hier nun in einem ersten Entwurf veröffentlicht wird, ist diese: Die Homerischen Epen, insbesondere Homers Odyssee, sind auch ein literarischer Widerhall jener Ereignisse, die auf den ägyptischen Tempelreliefs als Seevölkerkriege insbesondere der Pharaonen Merenptah und Ramses III dargestellt werden. Aus dieser ganz anderen Perspektive Homers erscheinen nun jene geheimnisvollen „Seevölker“ als Krieger verschiedener Stämme des festlandgriechischen Raums.

Diese Erkenntnis erschließt sich, wenn man die bei Homer wahrnehmbaren Zeitebenen unterscheidet: Zum einen spielen seine Geschichten in seiner eigenen Lebenswelt, aus deren Erfahrungsraum sich die dichterischen Details seiner Geschichten speisen. Zum anderen transportieren die Homerischen Epen Erinnerungen an jene mehrere Jahrhunderte früher spielenden Ereignisse der zu Ende gehenden Bronzezeit. Sie können daher – mit aller Vorsicht – als Quelle genutzt werden, die höher zu bewerten ist, als die pharaonischen Tempelreliefs. Denn diese dienten vor allem dazu, propagandistisch die Großartigkeit des jeweiligen Pharaos zu preisen. Eine ernsthafte Geschichtsschreibung war hingegen in diesen Reliefs nicht intendiert.

Meine Untersuchung unter dem Titel „Seevölkerodyssee“ ist – zwecks besserer Lesbarkeit vor allem auch im Ausdruck – als PDF-Datei bereitgestellt (13 MB, öffnet auf separatem Reiter). Über die zugrundeliegenden vorangehenden (oder noch folgenden) Untersuchungen informieren die Seevölker-Portalseite sowie die Navigationsleiste am rechten Rand.