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Die Beschreibung des Apollon-Throns von Amyklai durch Pausanias

Der griechische Reiseschriftsteller Pausanias lebte um 115 bis um 180 n. Chr. Seine ausführliche „Beschreibung Griechenlands“ ist eine unserer umfänglichsten geografischen Quellen aus der Antike. Das Werk ist in zehn „Bücher“ gegliedert, die üblicherweise mit Randziffern nach Kapiteln und deren Abschnitten differenziert werden, so dass sich diese Quelle unabhängig von der jeweiligen Ausgabe zitieren lässt.

Im III. Buch über Lakonien beschreibt Pausanias einen Thron des im Heiligtum von Amyklai verehrten Apollon (Abb. 1). Dieser Ort liegt nur wenige Kilometer südlich von Sparta und ist in meinem Reisebericht „Homers Sparta“ (PFD-Datei, dort Abschnitt 5) erörtert.

Rekonstruktion des Apollon-Throns von Amaklai durch E.R. Fiechter

Abb. 1: Phantasievolle Rekonstruktion des von Pausanias beschriebenen Throns des Apollon in Amyklai mit dem Grab des Hyakinthos davor durch den Schweizer Bauforscher Ernst Robert Fiechter, der zunächst zusammen mit dem deutschen Archäologen Adolf Furtwängler und sodann in einer eigenen Expedition den Thron erforscht hatte (Publikation 1918: „Amyklai, der Thron des Apollon“).

 

Die Thronbeschreibung ist ein Dokument über die Pracht antiker Kunstobjekte, die sich heute in dieser Gestalt nirgends mehr erleben lässt. Sie offenbart die Intensität, mit der im antiken Griechenland das Vermächtnis der Mythologie weitergeben wurde wie auch die enorme Differenziertheit dieser mythologischen Geschichten selbst – obwohl Pausanias betont, er wolle die in Reliefs dargestellten Szenen nur „kurz erklären“. Die nachfolgend zitierte Beschreibung reicht von Randziffer 18.9 bis 19.5 und wurde von mir durch zwei Abbildungen ergänzt:

 

Von Bathykles von Magnesia, der den Thron des Amyklaios gemacht hat, stammen als Weihgeschenke wegen der Fertigstellung des Throns Chariten und ein Bild der Artemis Leukophryene. Wessen Schüler dieser Bathykles war, und unter welchem König von Sparta er den Thron herstellte, das übergehe ich, den Thron aber habe ich gesehen und werde beschreiben, wie er war:

Vorn und ebenso hinten tragen ihn zwei Chariten und zwei Horen, links steht Echidna und Typhos, rechts Tritonen. Die Reliefs jedes einzeln genau zu beschreiben, würde dem Leser nur lästig sein. Um es kurz zu erklären, da das meiste ja auch nicht unbekannt war, so entführen Poseidon und Zeus die Taygete, die Tochter des Atlas, und ihre Schwester Alkyone. Auch Atlas ist dargestellt (und Herakles) und der Zweikampf des Herakles gegen Kyknos und der Kampf der Kentauren bei Pholos. Weshalb Bathykles den sogenannten Minotauros gefesselt und von Theseus lebend abgeführt dargestellt hat, weiß ich nicht. Auch ein Phaeakenchor ist an dem Thron und Demodokos singend. Ebenso ist der Kampf des Perseus gegen die Meduse dargestellt.

Abgesehen von dem Kampf des Herakles gegen den Giganten Thurios und des Tyndareos gegen Eurytos ist da der Raub der Töchter des Leukippos. Und Dionysos und Herakles sieht man, den einen, wie ihn Heymes noch als Kind in den Himmel bringt, und Athena, die Herakles einführt, um fortan mit den Göttern zu wohnen. Auch übergibt Peleus den Achill an Chiron zur Erziehung, der ihn auch unterrichtet haben soll. Und Kephalos ist da, der von Hemera wegen seiner Schönheit geraubt wird. Und die Götter bringen Geschenke für die Hochzeit der Harmonia. Und Achills Zweikampf mit Memnon ist dargestellt und Herakles, der sich an dem Thraker Diomedes und am Fluß Euenos an Nessos rächt.

Hermes führt die Göttinnen zum Urteil zu Alexandros. Adrastos und Tydeus bemühen sich, die kämpfenden Amphiaraos und Lykurgos, den Sohn des Pronax, zu trennen. Hera blickt auf Io, die Tochter des Inachos, die schon in eine Kuh verwandelt ist, und Athena flieht vor dem verfolgenden Hephaistos. Dazu ist von den Taten des Herakles dargestellt der Kampf gegen die Hydra, und wie er den Hadeshund heraufbrachte. Anaxis und Mnasinus, von diesen sitzt jeder auf einem Pferd, aber den Megapenthes, den Sohn des Menelaos, und den Nikostratos trägt ein Pferd. Und Bellerophontes tötet das Untier in Lykien, und Herakles treibt die Rinder des Geryones. An den oberen Enden des Thrones befinden sich beiderseits auf Pferden die Söhne des Tyndareos, und Sphinxe sind unter den Pferden und nach oben laufende Tiere, auf der einen Seite ein Panther, bei Polydeukes eine Löwin. Zuoberst ist ein Chor am Thron angebracht, Magneten, die Bathykles bei der Arbeit am Thron halfen.

Tritt man unter den Thron, so sieht man inwendig von den Tritonen die Jagd auf den kalydonischen Eber und Herakles, der die Söhne des Aktor tötet. Kalais und Zetes verjagen die Harpyien des Phineus. Peirithus und Theseus haben Helena geraubt, und Herakles erwürgt den Löwen. Apollon und Artemis erschießen den Tityos. Und Herakles' Kampf mit dem Kentauren Oreios ist dargestellt und Theseus' Kampf mit dem Minotauros. Auch Herakles' Ringkampf mit Acheloos ist dargestellt, und was von Hera erzählt wird, wie sie von Hephaistos gefesselt wurde, und der Wettkampf, den Akastos für seinen Vater veranstaltete, und das in der Odyssee erzählte Abenteuer des Menelaos bei dem Aegypter Proteus. Am Schluß spannt Admetos Eber und Löwen an den Wagen, und die Troer bringen dem Hektor Trankopfer.

Der Thron ist da, wo der Gott sitzen müßte, nicht ganz durchgehend, sondern hat mehrere Sitze, und neben jedem Sitz bleibt ein Zwischenraum; die Mitte ist besonders weiträumig, und dort steht die Statue darin. Ich weiß von niemand, der ihre Größe gemessen hätte, sie scheint aber etwa dreißig Ellen hoch zu sein. Sie ist nicht ein Werk des Bathykles, sondern alt und kunstlos gemacht. Denn außer dem Gesicht und den Füßen und Händen ist das übrige wie eine Bronzesäule [vgl. Abb. 2] Auf dem Kopf trägt sie einen Helm und in den Händen Lanze und Bogen.

Die Basis der Statue sieht aus wie ein Altar, und darin soll Hyakinthos begraben sein, und an den Hyakinthien opfern sie vor dem Opfer für Apollon dem Hyakinthos in diesen Altar durch eine Bronzetür. Die Tür ist links am Altar. In Relief angebracht ist an dem Altar auf der einen Seite ein Bild der Biris, auf der anderen der Amphitrite und des Poseidon. Und neben Zeus und Hermes, die sich miteinander unterhalten, stehen Dionysos und Semele und neben ihr Ino. An dem Altar ist auch Demeter und Kore dargestellt und Pluton und nach ihnen die Moiren und Horen und mit ihnen Aphrodite und Athena und Artemis; sie bringen Hyakinthos in den Himmel und Polyboia, wie man sagt, die Schwester des Hyakinthos, die noch als Jungfrau starb.

Dieses Bild des Hyakinthos hat bereits einen Bart, Nikias, der Sohn des Nikodemos, hat ihn aber ganz jung gemalt, um damit auf die von Apoll erzählte Liebe zu Hyakinthos anzuspielen. Dargestellt ist an dem Altar auch Herakles, der von Athena und den anderen Göttern ebenfalls in den Himmel eingeführt wird. Auch die Töchter des Thestios sind an dem Altar und Musen und Horen. Hinsichtlich des Windes Zephyros, und daß Hyakinthos von Apollon versehentlich getötet wurde, und was man von der Blume erzählt, mag sich vielleicht auch anders verhalten, man mag aber auch glauben, wie es erzählt wird.

 

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