Merck-Protokoll zum Umbau der Frankfurter Straße
… von jüngst=oben nach früher=unten
Übersicht:
- 6. Merck auf Entzug
- 5. Die Dezernentin lügt
- 4. Die Pläne zum Display-Platz
- 3. Demo am Merck-Haupttor
- 2. Die SPD wacht auf
- 1. Was schert sie ein Bebauungsplan – sie nicken ab
- Und hier der Link zum Hauptartikel über die aktuell nicht realisierbaren Planungen zum Emanuel-Merck-Platz als gigantisches Display: „Merck auf Droge“
6. Merck auf Entzug
Am 2. Dezember 2015 – erst am 2. Dezember 2015 – musste TOPOTEK 1 seine Visualisierungen eines gigantischen Display-Platzes quer über die Frankfurter Straße aus der Internet-Präsentation nehmen. Jetzt zeigt sich dort nur noch ein karger Platzhalter:
Screenshot der Präsentation des „Merck Innovation Center“ auf der TOPOTEK 1-Website seit 02. Dezember 2015: keine Visualisierungen mehr, kein Video, keine Spur dessen, was hier einmal als Vision 2018 vorgestellt worden war.
Man hätte ja auch in diesem ehemaligen TOPOTEK 1-Intro-Bild ergänzend informieren können: „So hatten wir uns das mal vorgestellt, aber technische Probleme lassen aktuell eine Realisierung nicht zu“. Stattdessen musste man alle erarbeiteten Inhalte vollständig eliminieren, als habe es sie nie gegeben.
Allerdings hat Merck jetzt ein Problem: Die Darmstädter Webseitenzensoren besitzen keine neue Planung, die an die Stelle des Platz-Displays treten könnte. Also hat man eilig eine Art Dummy als Visualisierung anfertigen lassen, der lediglich eine graue unstrukturierte Platzfläche zeigt. Die Überbringer Merck‘scher Nachrichten im „Darmstädter Echo“ haben diese neue Version schon einige Tage vorher (am 26.11.2015) abgedruckt, den Lesern aber mit keinem Wort verraten, welche Planungsänderungen eigentlich dahinter stecken. Die Echo-Kunden haben also nie erfahren, welche Pläne Merck mit diesem Platz seit Jahren verfolgt hat, obwohl diese noch immer die Ausführungsplanungen der Pflaster- und Betonstrukturen prägen.
Mit der Wahl von TOPOTEK 1 hatte Merck eigentlich zum Sprung angesetzt, hier ein außerordentliches Entree der Konzernzentrale zu gestalten. Ein ödes Einheitsgrau macht solche Absichten erst einmal zunichte. Nun hat man zwar ein geiles Logo, steht aber in der Umfeldgestaltung total auf Entzug. Was mag daraus noch entstehen? So kann es mit Sicherheit nicht bleiben. Die Leser des „Darmstädter Echo“ werden von weiteren Entwicklungen – ebenso wie die Stadtverordneten – mit ebensolcher Sicherheit wohl erst erfahren, wenn die städtische Dezernentin von Merck einen Spaten in die Hand gedrückt bekommt, um die Bauarbeiten zu eröffnen.
5. Die Dezernentin lügt
Ich denke, das muss man so deutlich sagen. Unten in Ziffer 1 dieses Protokolls wurde eine offizielle Magistratsvorlage zitiert, die bereits im Beschlusstenor deutlich macht, dass Merck die Planungen für die Frankfurter Straße entwickelt und eingebracht hat. Warum sonst tragen die Pläne auch noch das Logo von Merck?. Doch im Hessenschaufilm zur Demonstration am 19.11.2015 hämmert Planungsdezernentin Zuschke mit einer maschinengewehrartigen „wir haben“-Rhetorik den Zuschauern etwas ganz anderes ein:
Sprecher: Die Kritiker werfen der Stadt vor, Merck habe ein Verkehrsgutachten für die Stadt bestellt und bezahlt. Das Gutachten belege im Sinne des Auftraggebers, dass auch mit zwei Fahrspuren kein Verkehrschaos entstehe. Die zuständige Dezernentin weist diese Vorwürfe entschieden zurück.
Zuschke: Wir haben beauftragt, wir haben diese Dinge ausgewertet und wir haben sie in einem öffentlichen Bauausschuss sowohl der Politik als auch den interessierten Bürgerinnen und Bürgern gezeigt und was den Straßenraum betrifft – bestimmt die Stadt.
Der Magistrat hat – ohne Beteiligung der uninformierten Stadtverordneten – lediglich „bestimmt“, dass der Merck’sche Vorentwurf in die Ausführungsplanung gehen soll. So ist die Realität.
4. Die Pläne zum Display-Platz
Am Rande der Demonstration vom 19.11.2015 stellte sich im Gespräch mit Verantwortlichen der Firma Merck heraus, dass das ursprünglich von „TOPOTEK 1“ geplante platzgroße Display voraussichtlich nicht gebaut werden kann. Eine Testinstallation war eingerichtet worden, hat sich aber nicht bewährt, so dass man zurzeit keinen Weg sieht, wie eine solche Platzfläche als gigantisches Display dauerhaft stabil hergestellt werden könne (Nachtrag Dezember 2015: Das TOPOTEK 1-Video wurde inzwischen aus dem Web genommen – siehe Punkt 6 dieses Protokolls.).
Die vorgeblichen ‚Bürgerbeteiliger‘ der Stadt Darmstadt hat diese Kunde, die natürlich bei ihnen schon viel früher angekommen war, nicht dazu veranlasst, irgendein klarstellendes Wort zu veröffentlichen. Sie haben vielmehr mit ihrem Rahmenplan eine Zeichnung vorgelegt, die mit dem in schillernden Blautönen changierenden Platzmuster noch immer die Display-Fläche andeutet. Das zeigt, dass sie neben ihrer Ignoranz gegenüber den seit langem offenen Fragen der Bürger auch noch eine ausgeruhte Schlafmützigkeit bei der Aktualisierung ihrer Planungen an den Tag legen.
3. Demo am Merck-Haupttor
Die IGAB mischt sich wieder ein. Vielleicht hat man den jahrelangen Dialog mit Merck um das Verhältnis dieses Weltkonzern zu seiner lokalen Umgebung etwas schleifen lassen. Die Forschheit, mit der Merck nun die Stadt Darmstadt dominiert (bzw. wie diese sich dominieren lässt), motiviert wieder zur Einmischung. Nun standen am Donnerstag, dem 19.11.2015 die ersten Transparente vor Merck, die den Willen Arheilger Bürger unterstreichen, sich ihre Frankfurter Straße nicht nehmen zu lassen. Sie wollen mitreden, wenn es um so weitreichende Vorhaben in ihrer Nachbarschaft geht.
2. Die SPD wacht auf
Die Arheilger SPD schlägt sich in einer ungewohnten Eindeutigkeit auf die Seite des Protests (siehe Presseerklärung, die das Darmstädter Echo am 18.11.2015 1 : 1 abdruckte; auch auf der Website der SPD-Arheilgen). Man liest Begriffe, die von den Sozialdemokraten schon lange nicht mehr zu hören waren: „es geht um Stadtgestaltung“, um den „öffentlichen Raum“ und um den „beispiellosen Kniefall des Oberbürgermeisters Jochen Partsch vor den Interessen eines Konzern, gegen jene der Bevölkerung im Darmstädter Norden.“ Das ist heftig, aber nicht falsch. Und ist hoffentlich nicht nur Kommunal-Vorwahlkampf.
1. Was schert sie ein Bebauungsplan – sie nicken ab
Am 18.11.2015 erreichte die Stadtverordneten eine Magistratsvorlage vom 02.11.2015 mit konkretisierten Planungen zum Umbau der Frankfurter Straße vor Merck (hier der Link auf die Vorlage und ihre Anlagen). Gerade eben war noch ein Bebauungsplan ins üblicherweise Jahre dauernde Verfahren gebracht worden, da schafft man mit einem tiefen Diener Fakten. Den Beschlusswortlauf möge sich der Leser auf der Zunge zergehen lassen:
Der vorliegende Vorentwurf der Firma Merck für die Neugestaltung der Frankfurter Straße im Bereich der Firma Merck wird zur Kenntnis genommen.
Nach Magistratsbeschluss kann die Entwurfsplanung beauftragt werden.
Den Autoren dieser Vorlage ist also Ergebenheit vor der ‚wichtigen‘ Firma Merck selbstverständlich. Denn sie haben kein Problem damit, dass die private Firma Merck einen „Vorentwurf für die Neugestaltung der Frankfurter Straße“ liefert, der unmittelbar nach Magistratsbeschluss in die Ausführungsplanung gehen soll. Der Magistrat hat also nicht einmal abgewartet, bis die Stadtverordneten mit Ihrer schwarz-grünen Mehrheit auch nur die formelle Gelegenheit hatten, dies abzunicken. Nur zur Erinnerung: Bei der Frankfurter Straße handelt es sich um öffentlichen Raum, um die bedeutendste Magistrale der Stadt Darmstadt, deren Gestaltung die Aufgabe der Kommune ist, und nicht die eines privaten Anliegers. Aber der ist halt ökonomisch so bedeutend, dass OB Partsch höchst persönlich die Ausnahme einräumt: die können das so machen.
Und hier der Link zum Hauptartikel über den Emanuel-Merck-Platz als gigantisches Display